Wir sind sehr schnell. Wahrscheinlich fällt mir das nur auf, weil wir schon das zweite Mal die Landebahn von Sumba anfliegen. Beim ersten Versuch sprang die Propellermaschine wie ein Flummi von der Landebahn zurück und der Pilot startete noch einmal durch. Der zweite Versuch klappt besser, aber am Ende sind auch nur noch 20 Meter Landebahn übrig bevor das Flugzeug dreht und zum Terminal zurück rollt. Als einziger Tourist stehe ich etwas verloren zwischen den anderen 55 Passagieren und froh als ich eine Fahrgelegenheit in die Stadt Waingapu auftreiben kann. Außer ein paar Überlandbussen gibt es hier keine öffentlichen Transportmittel. Erstaunlicherweise spricht die Frau an der Rezeption des Hotels sogar ein bisschen deutsch. So erfahre ich, dass das Restaurant gerade renoviert wird und dass es keinen Motorradverleih gibt. Aber einer der Arbeiter die gerade das Restaurant renovieren leiht mir seinen Roller für den nächsten Tag. Vorher lasse ich mich noch von einem Guide zu einer kleinen Tour überreden. Immerhin spricht er ein paar Brocken Englisch. Er bringt mich zu einer Ikat Manufaktur, wo mit einer speziellen und zeitraubenden Webtechnik Umhänge und Wandteppiche hergestellt werden. Ganz nett, aber kaufen will ich so was nicht. Weiter geht es zu einem kleinen Dorf, eher einer Dorfgemeinschaft, die noch in traditionellen Häuser lebt und ein ausgeprägtes Kastensystem hat. Bei dem Besuch in solch einem Dorf muss man erst einmal beim König vorsprechen und bekommt die furchtbar bitter schmeckende und die Zähne rot färbende Bethelnuss angeboten. Als Gastgeschenk wird meist auch Bethelnuss überreicht. Ein kleiner Schein tut es in meinem Fall auch. Zumal der König ohnehin schon unter seinem riesigen Steingrab liegt. Das ist eine weitere Besonderheit auf dieser Insel. Die Könige werden unter zum Teil riesigen massiven Steinplatten mitten im Dorf beerdigt. Heute machen Kran und Lastwagen die Arbeit. Früher wurde die Steine auf Baumstämmen zum Dorf gerollt. Geblieben ist die Tradition die Beerdigungen als riesiges Fest auszurichten. Je nach Berühmtheit und Größe des Königs können da schon mal 1000 Menschen zusammenkommen.
Mit dem geliehenen Roller fahre ich am nächsten Tag zwei weitere Dörfer ab, die sich jedoch sehr ähneln und ohne Dolmetscher schwierig zu erkunden sind. Die Landschaft im Osten der Insel gibt nicht wirklich viel her und so entscheide ich mich für eine rasche Abreise. Die Insel wird nur alle paar Tage von Schiffen angelaufen und länger als nötig will ich hier nicht bleiben. Ein Schiff fährt glücklicherweise schon am nächsten Tag. Um 7:00 Uhr stehe ich pünktlich am Hafen und schaue zusammen mit ca. 300 Anderen aufs Meer. Viele testen ihr Englisch an mir, aber mehr als „Hello, how are you“ ist meist nicht drin. Immerhin verklickert mir jemand, dass das Schiff vermutlich erst gegen 17:00 Uhr kommt. Die Stadt ist ein paar Kilometer weg und auch nicht wirklich geeignet sich dort die Zeit zu vertreiben. Also suche ich mir ein kühles Plätzchen in der verdreckten Wartehalle, setze mich auf meinen Rucksack und beantworte die immer gleiche Frage: „Hello, how are you“ Die Antwort ist immer die gleiche, obwohl sie nach einiger Zeit glatt gelogen ist. Endlich taucht das Schiff am Horizont auf. Anlass zur Freude bietet dieser Seelenverkäufer jedoch kaum. Ich schiebe und drängle mich wie alle an Bord nur um festzustellen, dass die ganzen Liegeplätze schon belegt sind. Aber so weit unten im Bauch dieser Rostlaube wollte ich mich ohnehin nicht auf eine klebrige braune Kunstledermatte legen. Glücklicherweise finde ich direkt neben einem Ausgang zum Oberdeck noch einen freien Liegesessel. Etwas zugig, aber immerhin weit genug weg von der bestialisch stinkenden Toilette. Zu der regulären Fahrzeit von acht Stunden, kommen noch weitere vier Stunden Verspätung. Immerhin erreichen wir die Insel Flores nicht im Rettungsboot. In Ende, der Anlegestelle auf Flores, ist meine Tortour allerdings noch nicht vorbei. Ich beiße die Zähne zusammen und setzte mich noch für weitere 5 Stunden in einen Minibuss nach Bajawa. Den restlichen Tag verbringe ich verständlicherweise mit Ausruhen. Abends treffe ich noch ein deutsches Pärchen und einen in Kasachstan lebenden Engländer und verabrede mich zu einer Erkundungstour für den nächsten Tag. Wir mieten uns zwei Roller und fahren über kurvige Straßen durch schöne, vom Vulkan Gundung Inere dominierte Landschaften. Wie auf Sumba gibt es auch hier alte traditionelle Dörfer zu besichtigen. Das erste Dorf ist touristisch bestens erschlossen und viel besucht. Vor jedem Haus wird Ikat oder sonst etwas verkauft wasich nicht brauche. Ein paar Kilometer weiter geht es schon gemütlicher zu. Und so sitzen wir über eine Stunde auf der Terrasse bei einer alten Frau die sich mit Schraubenzieher und Plastikrohr ständig neue Mischungen Bettelnuss zubereitet. Wir verstehen uns zwar nicht, genießen aber alle die Ruhe und den Schatten der Veranda. Das scheint auch allen zu reichen.
Etwas später finden wir noch eine Stelle im Wald, wo zwei Bäche zusammenfließen. Der eine ist kalt wie ein Bergsee, in dem anderen könnte man Eier kochen. Kurz nach dem Zusammenfluss lädt eine Vertiefung zum baden ein. Je nach Strömung kommt es mal kalt, mal angenehm warm oder so heiß, dass man den Platz wechseln muss.
Wieder fahre ich fast 10 Stunden im Minibus durch das schöne, grüne Flores bis an die westliche Küste. In Luban Bajo geht schon lange keiner mehr selber fischen. Die vielen Restaurants, des ehemalig kleinen Fischerorts, müssen den Fisch in den Nachbargemeinden besorgen. Das Geschäft mit den Touristen bringt mehr ein. Durch die Nähe zu den Inseln Komodo und Rinca, haben die alten Fischer ihre Boot umgebaut und fahren jetzt Touristen und Taucher durch die Gegend. Immerhin ist die Bootfahrt nach Lombok günstiger als der Flug. Und man bekommt unterwegs noch die Möglichkeit auf Rinca die Warane zu sehen. Kaum auf der Insel sehen wir auch schon einen dieser Riesen vor der Küche des Camps. Zum Glück findet der Guide noch einen weiteren Waran ein paar hundert Meter entfernt im Gras. Bei beiden handelt es sich um wilde Tiere, aber so inmitten des Lagers wirkt der fast 250cm lange Waran fast wie im Zoo. Vorsicht ist dennoch geboten, den die Warane können sogar Wasserbüffel zur Strecke bringen. Meist sterben die Büffel nach einer Waranattacke nicht an den Wunden, sondern zwei Wochen später an einer Infektion durch ein Gift das der Waran beim Biss überträgt. Mit ihrer guten Nase verfolgen die Warane das Tier so lange bis es stirbt.
Angenehmere Zeitgenossen finden wir ein paar Bootsstunden weiter beim Schnorcheln. In der einsamen Bucht ist das Riff noch in Ordnung und die Vielfalt der Fische beeindruckend. Leider ist der Wasserspiegel niedrig, so dass viele sich an Korallen schneiden als sie darüber hinweg schwimmen.
Trotz teils heftigem Seegang überstehe ich die Fahrt nach Lombok recht gut. Die meiste Zeit liege ich flach an Deck, schlafe und lese viel. Und auch die vorsorglich eingeworfene Medizin trägt sicher ihren Teil zum Gelingen der Fahrt bei.
Auf der obligatorischen Mopped-Erkundungstour überrascht mich Lombok mit sehr schönen Küsten und einem abwechslungsreichen Inland. Manchen Reisenden mit denen ich gesprochen habe, hat es hier gar nicht gefallen. Einmal mehr zeigt sich, dass man sich sein eigenes Bild machen muss. Zugegeben, der Ort Sengiggi ist nicht wirklich hübsch, aber spätestens Kota im Süden überzeugt. Zwar auch touristisch durchorganisiert, aber trotzdem nett und viele schöne Strände in nächster Umgebung. Meine halb volle 20er Sonnencreme die ich von zu Hause mitgenommen habe ist immer noch nicht leer. Ich habe auch kaum Tage am Strand verbracht. Aber jetzt. Immerhin einen Tag halte ich es aus. Länger geht auch nicht, weil mein Flug nach Kuala Lumpur ansteht.
Die malaysische Hauptstadt kenne ich schon von einer früheren Reise. Ein paar Sehenswürdigkeiten klappere ich dennoch ab. Die meiste Zeit verbringe ich allerdings beim Shoppen oder beim Essen. Entgegen meinen Erwartungen ist es hier jedoch nicht so günstig wie erwartet und nachdem ich das letzte Jahr mit nur 15 Kilogramm Eigentum ausgekommen bin, weiß ich auch gar nicht recht was ich den kaufen soll. Also bleibt die Einkaufstüte leer und ich fülle nur meinen Bauch. Durch die vielen verschiedenen Kulturen gibt es an jeder Ecke etwas anderes zu Essen. Und alles schmeckt lecker. Meine Befürchtung, dass während dem Ramadan tagsüber alle Restaurants zu haben stellt sich glücklicherweise als unbegründet heraus. Sicherheitshalber hatte ich mir ein Hotel in Chinatown gesucht, aber auch in allen anderen Stadtteilen gibt es Essen rund um die Uhr.
Bevor ich zu dick werde geht es weiter nach Macau. Diese ehemals portugiesische Kolonie ist mittlerweile wie Hongkong eine Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China. Durch die vielen kolonialen Gebäude wirkt die Stadt an manchen Stellen wie Lissabon voll mit chinesischen Touristen. Die eigentliche Attraktion sind jedoch die vielen Spielcasinos. Alle großen Ketten sind vertreten. MGM, Wynn, Sands, Venetian und das brandneue Galaxy mit einem 4000qm großen Wellenbad auf der 52000qm großen Dachterrasse. Der Umsatz soll sogar noch höher sein als Las Vegas. Natürlich komme auch ich nicht am Spielen vorbei und setzte mich an einen Roulett Tisch. Ausgestattet mit einem todsicheren System 😉 gewinne ich tatsächlich. Meinen Einsatz kann ich in kurzer Zeit vervierfachen und finanziere mir damit den gesamten Aufenthalt in Macau. Die Überlegung mehr Einzusetzen und das gesamte Reisebudget zurück zu gewinnen ist verlockend, aber ganz so viel Vertrauen habe ich zu meinem System dann doch nicht.
Mit einem Schnellboot fahre ich die 50 Kilometer nach Hongkong. Meine letzte Station bevor es zurück nach Hause geht. Die Skyline beeindruckt erneut, die jeden Abend stattfindende Lightshow lohnt sich jedoch nicht. Der natürliche Sonnenuntergang vor der künstlichen Lasershow gefällt mir deutlich besser. Kurz vor dem Abflug geht noch ein Taifun der Stärke drei über die Stadt. Ein kleiner Sturm tobt auch in mir. Nach der langen Reise freue ich mich auf zu Hause und finde es gleichermaßen schade, dass dieses tolle Jahr nun zu Ende geht. Den Flug schlafe ich fast komplett durch. In Frankfurt stehe ich eine ganze Weile vor dem Fahrscheinautomat bis ich das Ticket nach Darmstadt korrekt eingegeben habe. Die letzte Etappe nach Stuttgart wollte ich eigentlich mit meinem IWL Roller Bj. 1959 machen. Aber nach 10 Kilometern streikt das Fahrzeug und ich steige um auf die Deutsche Bahn. Nach einer Butterbrezel und einer Roten Wurst mit Senf bin ich dann plötzlich zu Hause. So schnell geht ein Jahr vorbei…